San Martin de los Andes – Junin de los Andes – Paso Mamuil Malal – Curarrehue – Pucón
Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschiede ich mich von meinen netten Gastgebern und wünsche ihnen viel Erfolg für das bevorstehende Rennen. Gerade biege ich auf die Hauptstraße ein, da entdecke ich einen schwer beladenen Radfahrer, schließe schnell zu ihm auf und
nachdem Martin (Niederländer) und ich uns ein wenig während dem Fahren unterhalten haben, beschließen wir einen Kaffee trinken zu gehen. Keine zwei Kilometer weit bin ich gekommen...
Es stellt sich heraus, dass Martin ebenfalls in Richtung Norden unterwegs ist und zur Zeit hier in San Martin de los Andes auf ein Paket aus Deutschland wartet, weshalb wir leider nicht gemeinsam aufbrechen können. Wir tauschen schnell noch unsere E-mail Adressen aus,
versprechen in Kontakt zu bleiben und wenn möglich im späteren Reiseverlauf wieder aufeinander zu treffen, um ein wenig gemeinsam zu radeln, bevor ich mich endgültig auf meinen Sattel schwinge und in Richtung Junin de los Andes fahre, wo ich gegen Nachmittag eintreffe.
Der große Tourismusrummel in beiden Städten wird langsam ein wenig zu viel für mich und ich sehne mich nach Natur, Stille, Einsamkeit, weshalb ich mich dazu entschließe heute noch aus der Stadt herauszufahren.
Der weitere Streckenverlauf erfüllt auch sofort meine Wünsche und nach zwanzig Kilometern schlage ich mein Zelt am Rio Malleo auf. So ruhig wurde die folgende Nacht dann leider doch nicht, da über die sich in weniger Entfernung befindende, marode Holzbrücke auch nachts einige Autos rollten. Mit fantastischem Blick auf den Vulkan Lanin fahre ich mit einer stetigen Steigung von sehr angenehmen 1-2% dem Paso Mamuil Malal entgegen, bis zehn Kilometer vor der argentinischen Grenze mal wieder der Asphalt endet und von einer schrecklichen Schotterpiste abgelöst wird. Wellblech, Sand, lose Steine, Staub pur... ich werde ziemlich dreckig!
Meine Mittagspause lege ich kurz vor der Grenze am Guardaparque ein und kann dort in einem winzigen Häuschen frisch zubereitetes Brot und ein Fruchttörtchen erstehen. Dann geht es wieder auf die Piste zurück, den Passgipfel auf 1207m verfehle ich, da am Straßenrand
keinerlei Markierungen zu erkennen sind, doch plötzlich geht es bergab. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, doch diese Abfahrt wird zur regelrechten Qual, mehrfach stürze ich fast, -9% Gefälle meldet mir mein Tacho und dann erblicke ich endlich den rettenden Asphalt.
Wie schon so oft auf meiner Reise, wenn ich mal wieder von einer schwierigen Schotterpiste auf Asphalt gelange, kann ich das sanfte, fliegende Fahrgefühl kaum realisieren und darf nach einem kurzen, knackigen Anstieg doch tatsächlich auch noch ein paar Kilometer rasante Abfahrt genießen, die mich ins kleine Örtchen Curarrehue bringt. Der einzige Campingplatz gefällt mir überhaupt nicht und so fahre ich insgesamt weitere acht Kilometer in der Umgebung herum, wobei ich jedoch leider keinen geeigneten Zeltplatz auffinden kann, ehe ich wieder umkehre und schließlich bei einer Cabana nach einer Campgelegenheit im Garten frage, die mir nach einigem Hin und Her auch gewährt wird.
Der nächste Morgen ist nebelig und als ich schon alles fertig gepackt habe und losfahren will, bemerke ich, dass mein wichtigster Tagesbegleiter nicht an seinem rechten Platz ist: der Tacho fehlt! Über eine Stunde packe ich alles wieder aus, das Zelt, die Isomatte, der Schlafsack werden auf einer Bank ausgebreitet, jedes einzelne Kleidungsstück durchsucht: nichts!
Nach wenigen Minuten schierer Verzweiflung suche ich den Rasen rund um meinen Zeltplatz ab und tatsächlich, dort hinter dem Zaun, liegt mein Tacho im Gras versteckt.
Nachdem ich alles wieder verpackt habe, kommt auch endlich die Sonne zum Vorschein und ich mache mich auf den Weg Richtung Pucón. Je weiter ich meinem nächsten Ziel entgegenfahre, umso mehr Wolken ziehen sich am Himmel zusammen und als ich in die Stadt einrolle kann ich von dem Vulkan Villarica, der sich unmittelbar hier in der Nähe befindet und eigentlich von der Straße aus zu sehen ist, nicht einmal ansatzweise etwas Erkennen. Vor einem Campingplatz treffe ich den deutschen Studenten Marius aus München mit dem ich den Nachmittag verbringe und wir gemütlich essen gehen. Für die nächsten Tage wird das Wetter weiterhin bewölkt angesagt und ich sehe meine geplante Vulkanbesteigung schon dahinsausen, als man mir erklärt, dass die Wetterverhältnisse oben am Berg meist völlig anders seien wie in der Stadt, die auf Ozeanhöhe liegt. Für Mittwoch buche ich daher die Tour und falle erschöpft auf meine Isomatte, während es zu regnen beginnt und mein Zelt von einer Ameisenkolonie überfallen wird.
Den nächsten Tag verbringe ich ganz in Ruhe in der Stadt, schreibe einen Brief an meine daheim, stets auf Neuigkeiten wartende Oma, lege mich sogar ein wenig an den Strand, den ich aber schnell wieder verlasse, da mir die dröhnende Discomusik nicht wirklich gefällt und darf abends endlich zum ersten Mal den Vulkan Villarica erblicken, den ich anderntags besteigen möchte.