Temuco – Puerto Saavedra – Tirúa
Mal wieder werde ich zu einem herrlichen Frühstück eingeladen, diesmal steht sogar Kuchen bereit! Natalia ist schon auf der Arbeit und hat mir eine Handskizze für den Weg zu ihrer Firma hinterlegt, damit ich ihr den Schlüssel nachbringen kann. Schnell flitze ich noch bei einer Panaderia vorbei und kaufe zumindest ein paar Teilchen, um mich für die nette Gastfreundschaft
revanchieren zu können. Dann geht’s raus aus Temuco und dies erstmals auf einem richtigen Fahrradweg (Cyclodia), der allerdins nach wenigen Kilometern in eine Schotterpiste mündet.
In „Nueva Imperial“ raste ich zu Mittag und auch in der kleinen Stadt „Carahue“ lege ich eine kurze Pause ein, bevor ich spät am Abend in „Puerto Saavedra“ ankomme, gerade bleibt mir noch genügend Licht um mein Zelt aufbauen und den Sonnenuntergang im Meer betrachten zu können. Am nächsten Morgen werde ich zum Morgentee von meinen chilenischen Zeltnachbarinnen eingeladen und bis 10:00 Uhr teste ich meine erlernten Spanischkenntnisse, welche überraschend gut für eine kleine Kommunikation ausreichen, die beiden Mädels haben auf jeden Fall ihren Spaß gehabt.
Zunächst geht es dann 14 km denselben Weg zurück, den ich am vorigen Abend gekommen bin, bevor ich auf die Schotterpiste einbiege. Die erste Stunde verläuft ganz gut, ich komme zumindest vorwärts. Doch dann wird die Straße immer schlechter, es geht bergauf, der Untergrund ist für mein Fahrrad, das Gepäck und mich nicht mehr zum Fahren geeignet und ich fange an zu Schieben, was mir ebenfalls große Probleme bereitet.
Verzweiflung macht sich breit, so oft hatte ich mich bei den verschiedensten Personen nach eben diesem Streckenabschnitt erkundigt und mir wurde jedesmal gesagt, dass es durchaus machbar ist, ihn mit dem Fahrrad zu bewältigen. Immer wieder stelle ich jedoch fest, dass die Menschen, die mir Auskunft geben, oft nur mit dem Auto unterwegs sind und Streckenlängen und Untergrundbeschaffenheit daher völlig anders einschätzen, was sehr zu meinem Nachteil ist. Plötzlich überholt mich ein großer Wagen, blitzartig verschwinde ich in einer Staubwolke, drehe schnell noch mein Gesicht zur Seite, um weiter atmen zu können, da höre ich, dass der Wagen mitten im Anstieg abgebremst wird. Der Staub legt sich, der Fahrer kommt zu mir herbeigeeilt und fragt mich doch glatt, ob ich nicht ein wenig mitfahren möchte.
Da sag ich nicht nein!
Schnell das Rad in den Kofferraum gepackt, das Heckfenster kann jetzt nicht mehr geschlossen werden und schon steige ich zu den anderen vier Personen in das Auto.
Auf geht’s nach „Casa de Piedra“, welches 20 km vor Tirua liegt. Während der Fahrt, die auf Grund der geöffneten Heckklappe sehr staubig verläuft, werde ich gleich noch zum Mittagessen bei den Eltern des Fahrers eingeladen. Als wir vor dem Haus eintreffen sind alle von einer zentimeterdicken Staubschicht bedeckt, die schwarzen Haare meiner Helfer sind grau,
die Armaturen weiß und unsere Kleidung ziemlich schmutzig. Trotzdem haben wir alle ein Lachen auf den Lippen, lassen uns das Essen nach einer gründlichen Reinigung unsereiner im Swimmingpool schmecken, bevor ich noch weiter nach Tirua gebracht werde, welch ein Service!
Dort angekommen stellt sich heraus, dass die Stadt weder einen Campingplatz noch ein Hostal besitzt und so irre ich zunächst ein wenig umher, ehe ich eine ältere Dame nach einem Schlafplatz frage, die gerade zufällig im Eingang eines Restaurants steht. Sie kann meine Worte leider nicht verstehen, holt dafür aber ihren englisch sprechenden Enkel herbei.
Das Restaurant verfügt auch über Zimmer und so miete ich mich dort für eine Nacht ein.
Den Abend verbringe ich mit Alex (dem Enkel), auf dem Fahrrad zeigt er mir die Stadt, die nähere Umgebung und den Strand mit Blick auf den „Dog-Hill“ (der Felsen ähnelt tatsächlich einem Hundekopf!). Außerdem schwärmt er mir von „Isla Mocha“ vor, eine Insel die sich nur
34 km von Tirua entfernt befindet und mit dem Flugzeug oder einem kleinen Fischerboot zu erreichen ist. Hin- und hergerissen zwischen Weiterfahrt und der nahen Wandermöglichkeit auf Isla Mocha, informiere ich mich im Internet ein wenig über die Insel und entschließe mich zu einem kurzen Fahrradstopp, um am nächsten Morgen auf die Insel zu fliegen, ein großes, neues, spontanes Abenteuer erwartet mich!