Mendoza – Vallecito – Astica – Ischigualasto – Talampaya – Villa Unión
Nach der körperlichen Anstrengung durch die Andenüberquerung, gönnte ich mir einen Ruhetag in Mendoza, bevor es in Richtung Salta weitergehen sollte.
Früh am nächsten Morgen startete ich dann auch sogleich, mit einem mehr oder weniger befriedigenden Frühstück aus der Jugendherberge im Magen. Ich trat ordentlich in die Pedale und kam schnell vorwärts, sodass ich erst nach 45km das erste Mal stoppte, einen Müsliriegel verschlang und mich eigentlich schon wieder in den Sattel schwingen wollte, als ich in der Ferne zwei Radler entdeckte. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, so hatte ich doch wirklich seit einer gefühlten Ewigkeit niemanden mehr von dieser Spezies gesehen. Ira (Russin) und Barbi (Slowenin) kamen da auf mich zugefahren (www.bike2see.com). Nach dem üblichen Gespräch am Straßenrand, stellte sich schnell heraus, dass die beiden ebenfalls nach Norden (Salta) unterwegs waren und so konnten wir unseren Weg gemeinsam fortsetzen. Eine Nacht verbrachte ich mit ihnen in der Wildnis, bevor ich mich andern morgens leider wieder alleine aufmachen musste, da die beiden insgesamt ganze drei Monate für die Strecke nach Salta eingeplant hatten und dementsprechend langsamer unterwegs waren, zumal ich sie auch erst an ihrem zweiten Reisetag getroffen hatte.
Nach wenigen Kilometern konnte ich endlich von der stark befahrenen „Ruta 40" auf eine Nebenstraße abbiegen, die mich durch eine auf mich sehr ärmlich wirkende Gegend führte. Die Häuser bestanden vielfach aus einfachen Lehmhütten, an einer Bäckerei in der ich ein Käsebrot kaufte, kam mir eine Frau mit einem Kleinkind entgegen, welches sie in dem Vorderradkorb transportierte. Die Kreativität der Menschen im Transport von Waren und auch Personen brachte mich immer wieder erneut zum Staunen.
Ein kilometerlanger Fahrradweg brachte mich anschließend nach „Vallecito“, einem sehr berühmten Wallfahrtsort am Wegesrand, bei dem sich alles um die „Difunta Correa“ dreht.
Sie stellt die Schutzheilige der Reisenden dar und wird vor allem von LKW-Fahrern verehrt. Immer wieder auf meiner Reise bin ich an ihren Gedenkstellen vorbeigefahren, wobei die teilweise zu hunderten niedergelegten vollen Wasserflaschen auf mich zunächst befremdlich wirkten. Der Legende her ist die Difunta Correa während der Suche nach ihrem Mann in der argentinischen Wüste verdurstet, wobei ihr Baby aufgrund der restlichen Muttermilch jedoch überlebte, bevor es von Gauchos gefunden wurde.
Ich legte an dem Wallfahrtsort einen kleinen Zwischenstopp ein, betrachtete die Denkmäler, die mich das ein oder andere Mal durch ihre Originalität zum Schmunzeln brachten und entschloss mich noch ein wenig weiter zu fahren. Nach knappen 120km hatte ich dann aber doch genug vom Radfahren, zumal es auch schon begann dunkel zu werden und so suchte ich mir einen geeigneten Campingplatz in der Wildnis, was gar nicht so einfach war, da sich rechts und links neben der endlos langen, schnurgeraden Straße nur kniehohes Dorngewächs befand. Genau dieses sollte mir auch sofort zum Verhängnis werden, innerhalb der wenigen Meter, die ich mein Fahrrad durch das Gestrüpp geschoben hatte, hatten sich auch zahlreiche winzige Dornen in beide Reifenmäntel gebohrt. Seit Reisebeginn, vor 5 Monaten, hatte ich bis dahin keinen einzigen Platten zu beklagen, ganz knapp bevor mein Fahrradtacho die 5.000km-Marke überschreiten sollte, musste ich nun also das erste Mal mein Flickzeug hervorkramen, was ich allerdings auf den nächsten Morgen verschob.
Die Pinzette half mir beim Entfernen der winzigen Stachel und nachdem ich den Ersatzschlauch eingebaut hatte, konnte ich gegen 09:30 Uhr meinen Radlertag beginnen. Wirklich zufrieden stellte mich mein Resultat allerdings nicht, so hatte ich doch die ganze Zeit das Gefühl, nun fester treten zu müssen, um vorwärts zu gelangen. Irgendwie kam mir der neue Schlauch dünner wie der vorherige vor, sodass sich nun weniger Luft im Reifen befand… Gegen Abend fand ich im winzigen Örtchen „Astica“ zum Glück eine Hospedaje und machte mich sogleich an die Reparatur meines alten Fahrradschlauches. Ein einziges millimetergroßes Loch konnte ich entdecken und nachdem der Flicken plaziert war, machte ich mich wieder an den Einbau des Hinterrades.
Am nächsten Morgen dann die böse Überraschung: aus meinem Hinterrad war erneut die Luft gewichen!
Nach einem Stück trockenen Brot und einem Kaffee, entschloss ich mich dazu, den Reifen kräftig aufzupumpen und weiter Richtung Nationalpark „Ischigualasto“ zu fahren. Im Ort „San Agustin del Valle Ferril“ erstand ich einen neuen Fahrradschlauch und buchte eine Autobustour für den Nationalpark, in den man leider nur zusammen mit einem Guide gelangt. Die baldige Ankunft im Park mobilisierte meine letzten Kräfte und so kam ich kurz vor Sonnenuntergang in Ischigualasto an. Der Wind hatte erheblich aufgefrischt und auf dem vorhandenen Campingplatz gab es keine einzige windgeschützte Stelle. Beinahe hatte ich mich schon mit einer sehr unruhig werdenden Nacht abgefunden, da traf ich auf ein älteres Ehepaar im Pickup, welches ebenfalls dort ihr Zelt aufschlagen wollte. Das Auto stellten wir quer zum Wind und so erhielten wir für unsere zwei Zelte zumindest ein wenig Windschutz. Eine freudige Überraschung hielt der Park für mich noch bereit: WiFi auf dem gesamten Gelände, sodass ich seit langem mal wieder Internetzugang hatte und diesmal sogar in meinem kleinen Zelt!
Das Naturreservat Ischigualasto fällt unter das UNESCO-Weltkulturerbe und zeigt sich von wüstenartigem Charakter mit bizarren Sandsteinformationen. Es wird auch als „Valle de la Luna“ (Mondlandschaft) bezeichnet, da viele Gebiete die Gestalt von Kratern haben.
Der Park begeisterte mich von der Landschaft her gesehen sehr, die vielen Touristenströme und die Pflicht einer Gruppe beizutreten, waren dagegen eher weniger nach meinem Geschmack. Von den 5 herausragenden Sehenswürdigkeiten gefielen mir die „Cancha de Bochas“, zahlreiche kleine auf einem engen Feld herumliegende Steinkugeln, am besten. Es sah wie auf einem Billiardtisch aus!
Nach der Autobustour, die unsere Gruppe innerhalb von 3 Stunden über insgesamt 40km führte, lud ich mein Fahrrad auf den Dachgepäckträger des Kleintransporters und ließ mich den Weg zurück zur Straßenkreuzung bringen. Der Wind hatte abermals erheblich aufgefrischt und blies mir den Sand in die Augen, sodass ich froh war, ein paar Kilometer weniger fahren zu müssen, zumal es auch schon auf den Nachmittag zuging und ich noch eine Strecke von 60 km zu bewältigen hatte, ehe ich mich im nächsten Nationalpark befand: Talampaya.
Auch dieser Park gehört zu dem UNESCO-Weltkulturerbe und zeichnet sich durch seine bizarren, durch Erosion entstandenen Felsformationen aus. 30km lang ist das Schluchtensystem und ragt teilweise bis zu 150 m in den Himmel hinauf. Bei einer dreistündigen Wanderung durch den Park durfte ich die riesigen roten senkrechten Gesteinswände bewundern, die sich aus dem kargen Wüstenboden erheben.
Gegen Nachmittag schwang ich mich wieder auf mein Rad, um die weitere Strecke bis nach Villa Unión zu meistern. Dort angekommen fand ich sogar ein günstiges Hotelzimmer, sodass ich eine gute Möglichkeit erhielt, meinen Hinterradreifen erneut zu flicken, irgendwo musste da noch ein weiteres Loch sein, denn ständig entwich ein wenig Luft, sodass ich nach jeweils 10 Kilometern jedes Mal erneut zur Luftpumpe greifen musste. Bis um 23:30 Uhr bastelte ich an meinem Fahrrad herum, das Zimmer hatte sich währenddessen in eine Werkstatt verwandelt, auf dem gesamten Bett war mein Werkzeug verteilt. Insgesamt hatte ich noch drei weitere winzige Löcher im Schlauch gefunden und drückte nun, bevor ich mich endlich schlafen legen konnte, ganz feste die Daumen, dass am nächsten Morgen nicht eine böse Überraschung auf mich wartete und der Reifen wieder platt war…