Cafayate – Angastaco – Molinos – Cachi – El Carril – Salta (Valles Calchaquies)
Wir entschließen uns einen weiteren Tag in Cafayate zu bleiben, den Campingplatz zu wechseln, unsere Fahrradketten einer gründlichen Reinigung zu unterziehen und die nahegelegenen Wasserfälle zu besuchen. Alejandro führt uns im Eiltempo zu den „Cascadas", denn durch unsere ausgiebige Säuberungsaktion schafften wir es nicht, vor 15:00 Uhr aufzubrechen. Der Ausflug ist schön, die schnelle Kletterei aber auch anstrengend und nachdem wir den 14m hohen Wasserfall gesehen haben, müssen wir uns auch schon wieder an den Abstieg machen, um noch vor der Dunkelheit zurück zu sein.
Am Abend sitzen wir über ausgebreiteten Landkarten zusammen, rätseln über den weiteren Streckenverlauf, der für mich aber schon längst feststeht und schlussendlich kann ich Maria, Sergio und Alejandro überzeugen, den etwas weiteren und deutlich anstrengenderen Schotterweg nach Salta zu nehmen: durch das „Valle Calchaquies“.
Nach zahlreichen Gruppenfotos am sehr familiären Campingplatz „El Rafa“, auch jeder Gast will einmal mit dem Radlertrupp abfotografiert werden, brechen wir nach „San Carlos“ auf. Bis dorthin ist der Weg noch asphaltiert und nachdem wir uns ausreichend gestärkt haben, rollen wir auf den Schotter, der für die kommenden Tage nun unser ständiger Begleiter sein sollte. Zunächst noch in einem guten Zustand wechselt der Schotter dann zu tieferem Feinkies mit Sandgemisch. Besonders Sergio und Maria haben mit ihren 28“ Schmalspurreifen ordentlich dagegen anzukämpfen, doch die einmalige Landschaft mit immer neuen wunderschönen Ausblicken entschädigt für alle Strapazen. Die „Quebrada de Flecha“ fordert unsere letzten Kraftreserven, die Maria mit einem für den Notfall bereitgehaltenen „Alfajor“ (einer Art dickem Schokoladenkeks) wieder auffüllt. Das Abendlicht lässt die zackigen Felsen erst so richtig zum Vorschein bringen und führt uns völlig erschöpft nach Angastaco. Während die beiden Jungs für heißes Duschwasser sorgen, kaufen Maria und ich für das wohlverdiente Abendessen ein, welches wir anschließend im Badezimmer zubereiten, da draußen ein kalter Wind pfeift.
Am nächsten Morgen zaubert Alejandro uns allen einen heißen Kaffee mit Milch und Zucker, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Immer wieder bringt er uns zum Staunen, was er alles in seinen Gepäcktaschen verstaut hat, sogar einen winzigen Klappstuhl, der mich jedes Mal wenn er darauf Platz nimmt zum Schmunzeln bringt, transportiert er. Mittags ist Alejandro weit voraus und völlig aus unserem Blickwinkel verschwunden, sodass wir es uns zu dritt hinter einer Kirche für eine kleine Zwischenmahlzeit gemütlich machen. An der Weggabelung nach „Molinos“ finden wir dann einen seit 1 ½ Stunden auf seinem kleinen Klappstühlchen wartenden und mit dem Handy telefonierenden Alejandro wieder. Wahrlich ein lustiger Anblick, wie er da vor einem Denkmal an „Gaucito“ sitzt und uns aus der Ferne zuwinkt.
Die weitere Strecke führt uns nach „Cachi“, einem größeren Ort auf dem Weg nach Salta. Während wir uns dem Städtchen nähern, fahren wir durch viele Felder, auf denen gerade Zwiebeln geerntet werden, sehen Unmengen von Pfefferschoten zum Trocknen ausliegen und genießen die Abgeschiedenheit und Ruhe des Valles Calchaquies. Kurvig um Hänge herum, gelangen wir schließlich, nach einem Anstieg auf 2280m nach Cachi, wo wir das erste Mal seit Cafayate wieder Internetzugang haben.
Ein anstrengender Tag liegt am anderen Morgen vor uns, insgesamt sind 120km inklusive einem Höhenanstieg bis auf 3.348m zu bewältigen. Dementsprechend früh brechen wir bei eisigen 2°C auf.
Bis „Payogasta“ sind es gute 10 km, wo wir uns mit einem Kaffee und etwas Brot mit Dulce de Leche stärken, bevor wir uns insgesamt 56km bergauf quälen. Wir durchqueren das „Recta del Tintin“ im Parque National Los Cardones, eine insgesamt 12km lange auf 3.000 Meter Höhe befindende Straße, wo uns der Wind natürlich von vorne ordentlich entgegenbläst. Teilweise kommen wir nicht schneller wie 5 km/h voran. Immer wieder veranlasst uns aber auch die einmalige Landschaft zum Stoppen, in der Ferne sehen wir rosafarbene Salzlagunen, wilde Esel und Vicunjas (Lamaart). 8km vor dem Gipfel legen wir eine letzte Pause an der einzigen Bushaltestelle weit und breit ein, bevor wir uns auf zum „Piedra del Molina“ machen, dem höchsten Punkt unserer Tour. Von dort haben wir einen wunderschönen Ausblick auf grünbewachsene Hänge und Berge, die einen abrupten Kontrast zu der Wüste im Parque National Los Cardones bilden. Von nun an geht es nur noch bergab, wir brauchen nicht mehr in die Pedale zu treten, können das Fahrrad einfach rollen lassen. Mitten in der rasanten Abfahrt bricht Alejandros Gepäckträger plötzlich, seine Taschen rutschen auf das Vorderrad und blockieren es, sodass eine Vollbremsung entsteht und er zur Seite auf den Schotter stürzt. Mit blutendem Knie und aufgeschürften Händen kommt er nochmal glimpflich davon, der Schock sitzt allerdings nach Tage später ziemlich tief. Durch den Gegenwind am Recta del Tintin, die zahlreichen Fotostopps, nun der Sturz von Alejandro und keine 2 km später einem Platten im Hinterrad meines Rades, wird es immer später und „El Carril“ unser Tagesziel und die einzige Stadt seit Payogasta rückt in unerreichbare Ferne. Wir müssen die Fahrradlampen einschalten, um überhaupt noch weiterfahren zu können, zwei Bauarbeiter am Straßenrand erteilen uns die negative Nachricht, dass es vor „El Carril“ definitiv keinerlei Möglichkeit zum Campen gäbe. Etwas Luft in meinen lädierten Hinterreifen gepumpt und schnell weiter, irgendetwas mussten wir schließlich für die Nacht finden. Ganz plötzlich erblickte ich am Straßenrand einen winzigen Kiosk und daneben eine kleine Grünfläche, die gerade ausreichend Platz für unsere drei Zelte bieten könnte. Schnell bei den Besitzern nachgefragt und tatsächlich, unserem Campen stand hier nichts im Wege, auch wenn es nur 4m neben der Straße war. Für diesen Abend war einfach, den durchlebten Umständen entsprechend, nichts Besseres zu finden.
Die „Quebrada del Escoipe“, wunderschön mit ihren roten Felsen und vielfarbigen Mineralien, durchfuhren wir leider, aufgrund der fortgeschrittenen Zeit sowie der zwei erwähnten Zwischenfälle, im Eiltempo, was etwas schade war. Das tolle Morgenlicht am folgenden Tag warf jedoch nochmal einen roten Schimmer auf die Quebrada und nachdem ich meinen Reifen geflickt und Alejandro seine Wunden versorgt hatte, rollten wir hinab, die letzten 28km nach „El Carril“. Von der felsigen, steinigen Gegend gelangten wir nun wieder in grünere Zonen mit Wald, Wiese und Blumen, was uns ein Gefühl von Sommer gab.
Die letzten Kilometer vor Salta erforderten dann nochmals unsere ganze Aufmerksamkeit, obwohl wir alle mit den Gedanken schon im Ruhetag waren. Der Verkehr machte uns stark zu schaffen, gerade die Busse fuhren dermaßen eng an uns vorbei und schnitten teilweise den Weg ab, sodass die Stadteinfahrt zur Zerreißprobe wurde. Nach Mendoza und 20 verbrachten Tagen in mehr oder weniger bewohnten kleinen Ortsrandregionen, war dies der erste starke Verkehr seit langem!
Doch irgendwann war auch das geschafft, der Campingplatz gefunden und die Zelte aufgebaut. Nun ruhen wir uns hier in Salta etwas aus, machen unsere Fahrräder wieder reisefertig, bevor es für alle in Richtung Norden nach Bolivien weitergehen wird. Diesmal allerdings auf unterschiedlichen Wegen.