Uyuni – Ticatica – Aguas de Castilla - Potosi
Die Kette gereinigt und gestrafft, die Ausrüstung wieder in den Taschen verstaut und schon kann es wieder losgehen, diesmal sind es nur drei Tage nach Potosi. Die richtige Ausfallstraße aus Uyuni zu finden ist gar nicht mal so einfach und als ich mich zur sandigen, staubigen Straße nach Potosi durchgefragt habe, nimmt mir der Anblick des herumliegenden Mülls den Atem. Überall liegen die Plastiktüten herum, nahezu jeder Strauch ist davon bedeckt, ein grässliches Bild. Doch wirklich Zeit habe ich nicht, um darüber nachzudenken, vor mir liegt ein steiler Pass mit 9% Steigung, es geht bis auf 4.200m hinauf. Irgendwann habe ich aber auch das geschafft, der Berg liegt hinter mir, ich erreiche die im Hang gelegene Minenstadt „Pulacayo" und von da an rollt es auf neustem Asphalt herrlich bergab, durch beeindruckende, farbenfrohe Landschaft. Schon um 15:30 Uhr trudel ich in „Ticatica“ ein, nehme neben dem einzigen „Alojamieto“ (Herberge) in der Sonne Platz und warte auf die Besitzerin, die sich ein wenig Zeit lässt, um mich aufzunehmen. Schließlich bekomme ich aber ein Zimmer für die Nacht, kann in der Pension nebenan noch ein Abendessen erstehen und lege mich zur Ruhe, die Lagunenroute steckt mir nach dem einzigen Tag Pause in Uyuni immer noch in den Knochen und auch der Weg hierher war mit knapp 1000 überwundenen Höhenmetern nicht gerade ohne jegliche Anstrengung zu bewältigen.
Die ganze Nacht hat der Wind „Rabautz“ gemacht, mein winziges Zimmerfenster schlug auf und zu, bis ich meine Wasserflasche davorgestellt habe und draußen vor der Türe schlug ein Wellblech ständig gegen die Hauswand. An schlafen war also kaum zu denken! Und auch am Morgen pfeift der Wind nur so durch die Gassen und mir beim ersten Anstieg direkt ins Gesicht. Bergauf und bergab strampel ich mich durch den Tag, es geht über Schotter und Asphalt, der Wind wirbelt den Sand vom Straßenrand auf und so muss ich mich teilweise regelrecht durch einen Sandsturm kämpfen. Zu steile Stücke bewältige ich schiebend, mir fehlt einfach die Kraft um auf dem Rad sitzen bleiben zu können. Nach fast acht Stunden erreiche ich „Aguas de Castilla“, finde eine Unterkunft, laufe noch schnell auf der Suche nach ein paar Zutaten für mein Abendessen durch die Straßen und lege mich in meinen Schlafsack.
Der Morgen ist eiskalt, zum ersten Mal seit Uyuni ist das Wasser in meinen Trinkflaschen wieder gefroren, doch die Aussicht auf eine heiße Dusche in Potosi treibt mich voran. Nach zweieinhalb Stunden brauche ich ein zweites Frühstück, halte am Straßenrand und lasse mich für wenige Minuten nieder, bevor ich weiterfahre. Gegen 12 Uhr komme ich UNTEN in Potosi an, kann den berühmten „Cerro Rico“ erblicken und muss ebenfalls erkennen, dass ich den größten Anstieg des Tages noch vor mir habe. Das Zentrum der Stadt befindet sich noch mehrere hundert Meter weiter oben… Im Internetcafé erhalte ich den Namen des Hostals, in welchem sich Sergio und Maria einquartiert haben und nach fast zwei Stunden hochschieben etc. stehe ich endlich vor der Türe. Nach der ersehnten Dusche erblicke ich die zwei auch und wir laufen gemeinsam zur „Casa de la Moneda“ (Museum). Nach einer interessanten Führung schlendern wir noch ein wenig durch die Straßen, bevor wir uns in einem kleinen Restaurant niederlassen. Potosi gefällt mir nach dem ersten eher schmutzigen, stickigen Eindruck durch den starken Verkehr, schon viel besser.
Potosi war einst die reichste Stadt der Welt und wurde 1545 nach der Entdeckung von Silbervorkommen gegründet. Auch heute findet im „Cerro Rico“ noch Minenarbeit statt, wobei das Silber nur noch ein Nebenprodukt ist und vorwiegend Zinn und Zink abgebaut wird. Ein Minenbesuch war für uns drei demnach obligatorisch und so machten wir uns nach einem kleinen Frühstück auf den Weg zur Mine „Rosario“. Ich hatte keinerlei Ahnung, was mich erwarten würde und mit dem, was ich in den nächsten Stunden erleben sollte, hatte ich keineswegs gerechnet. Zunächst statteten wir dem „Mercado de Mineros“ einen Besuch ab, vielleicht dem einzigen Markt auf der Welt, auf welchem man sogar Dynamit kaufen kann! Danach ging es in Schutzanzug, Helm und mit Stirnlampe bewaffnet in die Mine. Die Kälte zunächst und dann die Hitze im Inneren des Berges, sowie die stickige Luft nehmen einem fast den Atem. Die Enge, die Dunkelheit und der Schmutz tun ihr Übriges. Es sind unglaublich harte Arbeitsumstände! War es für uns Touristen schon schwer genug sich in zwei Stunden hier unten einen Eindruck zu verschaffen, so ist es für mich unvorstellbar, wie man hier mehr wie acht Stunden am Tag Schwerstarbeit leisten kann.
Der Besuch der Mine war für mich eine essentielle Erfahrung, die ich nicht missen möchte, so weiß ich nun, was wirklich „harte Arbeit“ ist.