Cuenca – Cañar – Alausi – Guamote – Riobamba – San Miguel de Salcedo – Latacunga – Machachi – Tumbaco
Nach so viel Hitze und Staub erwischt uns nun ein Regenschauer nach dem anderen.
Kaum haben wir den Tagesgipfel erreicht, fahren wir regelrecht in eine Wolke hinein, werden von Kopf bis Fuß durchnässt und können keine 50m weit gucken. Vier Tage lang verläuft es immer nach demselben Schema, wir brechen ständig neue Tageshöhenrekorde von bis zu 1850 zurückgelegten Höhenmetern an einem einzigen Tag und prompt nach dem höchsten Punkt sinkt die Vorfreude auf eine verdiente Abfahrt dahin, denn der Nebel nimmt uns die Sichtweite und plötzlicher Kälteabfall auf 10 °C raubt uns den Atem. Doch die überaus hilfsbereite Feuerwehr Ecuadors bringt uns jeden Abend erneut ins Staunen, nie müssen wir auf eine heiße Dusche verzichten.
Unsere sorgfältig geplante Route mit einigen Abstechern rund um die Vulkane und Berge des Landes müssen wir enttäuscht streichen. Bei diesen Wetterverhältnissen unterwegs zu sein macht einfach nur halb so viel Spaß, vor allem, wenn man die Naturschönheiten links und rechts am Wegesrand aufgrund der geringen Sichtweite überhaupt nicht erkennen kann.
Ein erstes Mal dürfen wir die Spitze des „Chimborazos“, mit 6310 m Ecuadors höchster Berg, am Abend in Riobamba bewundern, gigantisch erhebt er sich über die Häuserspitzen der Stadt hinweg.
Am folgenden Morgen wollen wir dem Fahrradladen noch einen schnellen Besuch abstatten, denn mit Noahs Vorderrad stimmt irgendetwas nicht…
Der Präsident des städtischen Radvereines sowie ehemaliger ecuadorianischer Rennradfahrer, Alfonso, freut sich riesig über unser Kommen und schließt uns bereitwillig die Tür zu seiner Werkstatt auf. In Sekundenschnelle ist das Vorderrad komplett zerlegt, gereinigt, mit neuen Kugellagern versehen, gefettet und wieder zusammengesetzt. Flink wechselt Alfonso auch noch Noahs Schaltkabel und fertig wäre sein Rad. Und wo wir doch schon einmal dabei sind: in unregelmäßigen Abständen geben meine Tretkurbeln ein seltsames Geräusch von sich, vielleicht kann er das ja auch noch beheben???
Die Reparatur dieses defekten Lagers dauert dann aber doch länger als ursprünglich angenommen. Das komplette Tretkugellager hat sich derart fest ineinander gezogen, dass es nicht mehr zu öffnen ist und unter Krafteinsatz in seine Einzelteile zerbricht.
Dort stehen wir nun zu dritt in der Werkstatt und blicken etwas ratlos auf mein kaputtes Lager, denn Ersatz führe ich nicht mit und auch Alfonso hat nichts Passendes in seiner kleinen Sammlung. Doch so schnell gibt dieser sich nicht geschlagen, nimmt den Telefonhörer in die Hand und keine halbe Stunde später hält er ein passendes Shimano-Lager in den Händen. Wenig später laufen beide Räder wie neu geschmiert, doch mittlerweile geht es auch schon auf den Nachmittag zu. Es regnet zwar noch nicht, aber der Himmel sieht düster aus und wir entscheiden uns, einen Tag in der Stadt zu bleiben und am kommenden Tag weiterzufahren. Dass Alfonso uns nun auch noch bei sich aufnimmt und wir ein kleines Zimmer in seinem Haus beziehen dürfen, ist fast schon zu viel der Gastfreundschaft, denn für die Reparatur möchte er kein Geld von uns annehmen, nur für das Ersatzteil seines Freundes darf ich ihm die Unkosten erstatten.
Das Blau des Himmels strahlt uns geradezu am folgenden Morgen entgegen, der Chimborazo erhebt sich majestätisch in der Ferne und nach einem reichhaltigen Frühstück machen wir uns schnellstmöglich auf den Weg.
Alfonso wird uns mit seiner Hilfeleistung ewig in guter Erinnerung bleiben!
Wir nutzen die wenigen wolkenfreien Stunden am Morgen, freuen uns über den breiten Seitenstreifen der Panamericana, der uns zumindest ein wenig Raum gibt, neben dem vierspurigen Ausbau der Fahrstrecke und sind spätestens am Nachmittag froh, auf dieser Strecke unterwegs zu sein, denn abermals verdichten sich schwarze Wolken um Ecuadors höchsten Berg.
In Latacunga beschließen wir einen Ruhetag einzulegen, um uns den nahegelegenen „Quilotoa-Kratersee“ anzuschauen. Der Anblick des Sees, mit einem Durchmesser von 3 km ist wahrhaftig gigantisch. Wolkenfelder ziehen in rasender Geschwindigkeit in den Krater und verschwinden ebenso schnell wieder. Mit jedem Wimpernschlag verändert sich die Aussicht. Wir nehmen den steilen, sandigen Pfad hinab zum See, lassen uns auch von den einsetzenden Regentropfen nicht bei unserem heutigen Ausflugstag stören und begeben uns anschließend an den kräfteraubenden Anstieg zurück zum Kraterrand. An einem geeignetem Ab- und Aufstiegspfad wird zur Zeit mit zahlreichen Helfern gearbeitet.
Von Latacunga aus starten wir einen erneuten Versuch, die Panamericana zu umgehen und wollen einen Abstecher in den Cotopaxi-Nationalpark wagen. Doch kaum befinden wir uns auf dem Weg, beginnt es vom grauen Himmel zu regnen und der Schotter der Parkstraße ist schon jetzt in matschigem Zustand. Abermals müssen wir abbrechen und befinden uns keine fünf Minuten später mittels einer Stichstraße wieder auf der stark befahrenen Panamericana.
Mit rasender Geschwindigkeit ziehen die Autos an uns vorbei und lassen uns oft in gewaltigen, schwarzen, stinkenden Abgaswolken am Seitenstreifen zurück.
Es ist jammerschade, dass wir hier in Ecuador regelrecht vom Wetterpech verfolgt werden!
Zur Entschädigung zeigt sich am Morgen der Cotopaxi von der Straße aus und wir dürfen sogar einige Sonnenstrahlen genießen. Über Irrwege schaffen wir es gegen Mittag in Tumbaco anzukommen, unserem Ausgangspunkt, um uns „Quito“, Ecuadors Hauptstadt, anzusehen.
Herzlich werden wir von Santiago und seiner Familie empfangen und dürfen unser Zelt in der angrenzenden Garage ihres Hauses aufbauen. Wir befinden uns in einer „Casa de Ciclista“ ;-)