Cali - Medellin

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Medellin, Colombia
Monday, December 12, 2011

Cali – La Paila – Salento – Chinchina – La Pintada – Santa Barbara – Medellin

Früh machen wir uns auf den Weg, um die Großstadt “Cali” zu verlassen. Trotz ausführlicher Beschreibung des Hostalbesitzers haben wir den Eindruck uns schon nach den ersten Kreuzungen verfahren zu haben und stehen ratlos am Straßenrand. Ein Taxifahrer erweist sich als unser „Retter in der Not“ und bietet sich als „Follow-me-car“ an. So gelangen wir schließlich zur richtigen Ausgangsstraße und können unseren Weg in Richtung Medellin fortsetzen.

Die Straße ist flach, gut ausgebaut und da es links und rechts am Wegesrand auch nicht viel zu sehen gibt, beflügelt uns der fließende Schnellverkehr geradezu, sodass wir schon um 14 Uhr unser Tagesziel „Tuluá“ erreichen. Zufällig platzen wir in einen „Speed-Skating-Wettkampf“ hinein. Jungen und Mädchen im Alter von 8-10 Jahren rasen hochkonzentriert und höchst motoviert um die betonierte Rennstrecke herum. Alles macht auf uns einen sehr professionellen Eindruck. Die wettkampforientierte Ausrüstung sowie der Ehrgeiz der Trainer und Eltern am Seitenrand stehen den europäischen Standards in Nichts nach, nur gilt es zu beachten, dass wir uns in einem kleinen Dorf mitten in Kolumbien befinden. Kaum fahren Noah und ich jedoch mit unseren Rädern an den Streckenrand, um uns ein paar der Rennen anzuschauen, werden wir plötzlich selber zur Hauptattraktion des Geschehens. Jeder möchte ein Foto mit den beiden Radfahrern haben, die so viele Tausende Kilometer zurückgelegt haben und nun in ihrem Dorf angekommen sind. Minutenlang werden wir von Kindern, Eltern, Trainern sowie Zuschauern umringt und mit Fragen gelöchert. Wir bekommen Süßigkeiten geschenkt und ein Mädchen legt uns ein Freundschaftsband ums Handgelenk. Die Herzlichkeit der Menschen rührt uns und wir genießen es so positiv aufgenommen zu werden. Nach ein paar Rennen verabschieden wir uns jedoch, wollen schnell noch eine Kleinigkeit essen und uns danach noch einmal auf die Straße begeben.

In der Panaderia (Bäckerei) wiederfährt uns direkt im Anschluss leider nun das genaue Gegenteil. Gleich drei Betrunkene versammeln sich um unseren Tisch und wollen diesen, trotz mehrfachen Aufforderns auch so schnell nicht wieder verlassen. Erst nachdem ich die Stimme etwas erhoben und Klartext gesprochen habe, machen sie sich auf den Weg in die gegenüberliegende Kneipe und wir können uns in Ruhe unserem Mittagessen widmen. Es scheint gerade so, dass die Einheimischen hierzulande ihre Wochenenden sehr häufig zu ausgedehnten Trinkgelagen nutzen.

Nach 128 km Strecke werden wir müde, suchen händeringend nach einer Unterkunft für die Nacht und können zunächst mal wieder keine finden. Bislang typisch für Kolumbien…

Die Polizei kann uns auch wenig weiterhelfen, gibt lediglich den Hinweis, dass wir schnellstmöglich etwas finden sollten, denn die Gegend sei gefährlich und würde vor Drogen und Kriminalität nur so wimmeln. Das nächste Dorf ist meilenweit entfernt, die Polizeistation angeblich zu klein, um unser Zelt beherbergen zu können und schließlich kommen wir doch noch in einem winzigen Zimmer einer Hospedaje unter. Das ist gerade noch einmal gut gegangen.

Mit den flachen Etappen ist es nun vorbei, geradezu bergig fahren wir nach „Salento“, einem wunderschönen Dorf, welches in der Kaffeezone im Departemento Quindio liegt.

Wir lassen die Räder einen Tag stehen und ziehen dagegen unsere Turnschuhe an, um uns auf eine Wanderung in das naheliegende „Valle de Cocora“ zu begeben. Die Heimat des kolumbianischen Nationalbaumes: der Wachspalme. Die Quindiu-Wachspalme gilt als höchste Palmenart der Welt, wird bei einem Stamm-Durchmesser von 20-40 Zentimetern bis zu 50 Meter hoch und kann mehrere hundert Jahre alt werden.

Um 07:30 Uhr geht es mit dem Jeep vom Stadtpark aus in Richtung des Tales los, welches wir nach dreißig minütiger Fahrt auch erreichen. Sofort begeben wir uns auf den Wanderpfad Richtung „La Montaña“ und haben uns schnell verlaufen. Nachdem wir einen Fluss auf einer wackeligen Holzbrücke überquert haben, sind wir uns unsicher in welche Richtung es nun weitergehen soll, kehren lieber wieder auf die andere Uferseite zurück und entdecken glücklicherweise einen jungen Soldaten, der uns weiterhelfen kann. Seine Eltern statten ihm gerade einen Besuch ab und fordern uns auf, ihnen zu folgen, denn sie wohnen ca. 4 Stunden von hier entfernt, in den Bergen. Nur wenig später müssen wir aufgrund eines Erdrutsches querfeldein über die teilweise knöcheltief unter Wasser stehenden Wiesen laufen und wissen nun, warum man sich am Eingang des Parks Gummistiefel leihen konnte. Zur Finca „Acaime“ benötigen wir eine gute Stunde und dürfen gegen eine geringe Eintrittsgebühr zahlreiche Kolibris bewundern. Scharenweise tummeln sich hier diese kleinen eleganten Vögel um die mit Zuckerwasser gefüllten Trinkbehälter. Ich kann gar nicht aufhören ihnen zuzusehen, sie laden einen regelrecht zu zahlreiche Fotoaufnahmen ein. Irgendwann müssen wir uns dann aber dennoch auf den Rückweg begeben, der sich nun über etliche Hängebrücken erstreckt und gegen Ende leider zu einer matschigen Angelegenheit wird. Eine halbe Stunde vor Erreichen des Ausgangspunktes beginnt es vom Himmel herab regelrecht zu schütten. Der Schlamm türmt sich auf dem vor uns liegenden Weg bis zu einem halben Meter in die Höhe und wir hangeln uns seitlich am Stacheldraht entlang, um das Schlimmste zu vermeiden. Bis auf die Unterhose durchweicht, die Schuhe sind kaum mehr als solche erkennbar, treffen wir am Ausgang an und dürfen uns mit zwölf anderen Personen in den kleinen Jeep quetschen. Eigentlich nur für vier hinten sitzende Personen ausgelegt, verbringt Noah den Rückweg halb draußen hängend, halb auf der Ladeklappe sitzend.

Da all unsere Sachen vom Vortag viel zu durchnässt sind, um sie wieder anziehen zu können, entschließen wir uns einen weiteren Ruhetag einzulegen. Der Regen setzt diesmal schon am Morgen ein und so sind wir froh nicht auf den Rädern zu sein, sondern ausschlafen, einen leckeren Kaffee in der Hand halten und durch das Dörfchen schlendern zu dürfen. Den Nachmittag verbringen wir lesend in einem der zahlreichen Cafés. Eine junge, weiße Katze leistet  uns dabei stundenlange Begleitung auf dem Schoß.

Vier lange Tage sind es nun noch bis „Medellin“, der Stadt, in der ich das erste Mal nach einem Jahr der Reise meine Eltern wieder in die Armen schließen werden darf.

Unmittelbar nach dem Aufbruch am folgenden Morgen aus Salento heraus, muss ich feststellen, dass mein Tacho nicht mehr funktioniert. Ein schneller Blick auf den leeren Platz an meinen Vorderradspeichen, wo eigentlich der Sender befestigt sein sollte, zeigt den Grund des Übels. Wir fahren noch einmal zum Hostal zurück, suchen die Stelle ab, an welcher wir die beiden Fahrräder deponiert hatten und drehen unser komplettes Zimmer auf den Kopf: doch nichts…

Der Magnet bleibt verschwunden und wir machen uns mit reichlicher Verspätung und Ärger im Magen auf den Weg. In einem Fahrradladen will Noah seine Speichen festziehen und macht dabei ein „Ei“ ins Rad. Der Mechaniker muss helfen, bricht darauf eine der Speichen entzwei und es folgt eine einstündige Reparatur. Auf die Mittagspause folgt Platten Nummer 2 an Noahs Rad. Bei lautem Donnergrollen begeben wir uns an die Reparatur und beenden wenig später unsere heutige Tagesetappe. Der Himmel hat sich inzwischen schwarz verfärbt und es beginnt gerade in dem Moment zu regnen, als wir unser Gepäck in das Zimmer einer Tankstellen-Hospedaje verladen.

Am nächsten Morgen scheint die Sonne und wir machen uns nach einem frischgepressten Orangensaft auf den Weg nach „La Pintada“. Es muss Kommunion sein, denn zahlreiche elegant gekleidete Kinder begegnen uns in „Irra“ auf der Straße. Begleitet werden sie von ihren Eltern und einem Kirchenkomitee.

Unser Weg hingegen führt nun direkt am „Rio Cauca“ entlang, der sich aufgrund der heftigen Regenfälle im diesjährigen Dezember zu einem reißenden Strom entwickelt hat. Etliche Häuser stehen unter Wasser und unterstreichen den gestrigen Bericht, welchen wir im Fernsehen über das Hochwasser in Kolumbiens Hauptstadt „Bogotá“ gesehen haben. Heftiger Regen hat dort zu schweren Überschwemmungen geführt. 2000 Menschen sind betroffen, einige Viertel komplett geflutet.   

Wie wir bei anderen Radfahrern in deren Reiseblogs lesen durften, folgt für uns nun die längste Steigung Kolumbiens. Kein Wunder, dass wir an diesem Tag lediglich eine Strecke von 25 km zurücklegen und uns schon gegen Mittag in „Santa Barbara“ einquartieren.

Den restlichen Anstieg heben wir uns für den nächsten Tag auf und belohnen uns mit frischgebackenem Brot an der Spitze. Auf all die Anstrengung folgt sobald auch die notwendige Abfahrt, Noahs beste, wie er mich am Abend wissen lässt. Kilometerlang hat er mich währenddessen abgehängt und brav am Ende gewartet.

Ein Rennradfahrer bringt uns die letzten Kilometer in die 2,2 Mio. Stadt „Medellin“ hinein und direkt vor die Türe unseres Hostals. Ein dankbarer Service! Umgehend müssen wir jedoch erfahren, dass bei der Reservierung unseres Zimmers etwas schief gelaufen sein muss. Alle Betten sind ausgebucht und wir bekommen eine Nacht im Nachbarhostal spendiert, bevor wir umziehen dürfen.

Am Abend besuchen wir das gigantische „Chrismas Light Festival“ (Fiesta de la luz) im Stadtzentrum. Mit 15 Millionen Glühbirnen, hundert Kilometern an Kabel und unzähligen Lichtgirlanden verwandelt sich die Uferpromenade entlang des Flusses in ein unbeschreibliches Lichtermeer. Hinzu kommen grellbeleuchtete Wasserfontänen, welche die Kinder zum Baden einladen. Es ist eine Freude ihnen dabei  zusehen zu können. Die Stadt ist mit ihren fantasievollen Lichtgirlanden auf ihre ganz eigene Weise weihnachtlich.

Auf den folgenden Tag habe ich schon seitdem warten dürfen, als ich das Ankunftsdatum meiner Eltern am Flughafen in Medellin, erfahren habe. Genau ein Jahr der Reise ist vergangen und am 56. Geburtstag meines Vaters darf ich meine Eltern heute wieder in die Arme schließen. Ein Augenblick unbeschreiblicher Wiedersehensfreude. Es folgen vier Wochen des Beisammenseins, gerade Zeit genug, um die Erlebnisse der vergangenen zwölf Monate austauschen zu können.

Gemütlich frühstücken wir am anderen Morgen, zu dem nicht enden wollenden Gesprächsstoff aus der Heimat, folgen die neu gewonnenen Eindrücke aus Kolumbien.

Wir schauen uns den berühmten „Plaza Botero“ an, auf welchem 23 voluminöse Bronzeskulpturen von Fernando Botero stehen, einem der bekanntesten bildenden Künstler Lateinamerikas. Wollen auch den botanischen Garten nicht auslassen, doch stehen mitten in der Woche, leider vor verschlossenen Türen.

Am Abend wird in der Hostalküche gekocht. Es soll Spaghetti Bolonese ganz nach Wiederhold‘scher Art geben. Mama dreht die Nudeln derweil mit einem Hackebeil im Topf um, ein anderes Werkzeug ist in der Küche einfach nicht aufzutreiben und Noah schmeckt es später derartig gut, dass er ganze drei Portionen verspeist.

Nach dem Essen mache ich mich daran, die neuen mitgebrachten Reifen auf mein Fahrrad aufzuziehen und dann kann es auch schon wieder weitergehen. Während meine Eltern sich noch ein wenig an das neue Land akklimatisieren, machen Noah und ich uns auf den Weg nach „Mompos“, wo wir uns zu viert in fünf Tagen wiedertreffen werden.    

Pictures & Video

das Schild ist der Hammer! vollgefedertes Bike!!!
das Schild ist der Hammer! vollgefedertes Bike!!!
Panamericana nach Tuluá
Panamericana nach Tuluá
Speedskating-Rennen
Speedskating-Rennen
wie die Profis (8-10 Jahre)
wie die Profis (8-10 Jahre)
Kirche in Armenia
Kirche in Armenia
Ankunft in Salento
Ankunft in Salento
Valle del Cocora Milch wird mit den Pferden transportiert
Milch wird mit den Pferden transportiert
Milchpferd Valle del Cocora Valle del Cocora Valle del Cocora Valle del Cocora Wachspalmen in Nebel
Wachspalmen in Nebel
Baum mit Moos überzogen
Baum mit Moos überzogen
Moosbäume im Valle del Cocora
im Valle del Cocora
Einheimischer hilft mir über die Brücke ;-)
Einheimischer hilft mir über die Brücke ;-)
Kolibri im Anflug (schneller Flügelschlag)
im Anflug (schneller Flügelschlag)
Kolibri gleich 4 Stück wahnsinnige Färbung am Hals
wahnsinnige Färbung am Hals
Kolibri Noahs Lieblingskolibri
Noahs Lieblingskolibri
über Brücken zurück
über Brücken zurück
wackelige Hängebrücke
wackelige Hängebrücke
Wachspalmen Rückweg leider im Regen und Schlamm
Rückweg leider im Regen und Schlamm
Türknauf in Salento
Türknauf in Salento
Salento Salento, leider im Regen
Salento, leider im Regen
die zwei Witzigen
die zwei Witzigen
Salento Relaxen in Salento, mit Katze auf dem Schoß
Relaxen in Salento, mit Katze auf dem Schoß
Cafe in Salento unsere liebe kleine Katze in Salento
unsere liebe kleine Katze in Salento
letzter Blick zurück auf Salento
letzter Blick zurück auf Salento
ab über die Brücke
ab über die Brücke
steil bergauf Platten... wegen all dem Straßendreck
Platten... wegen all dem Straßendreck
beim Flicken Kommunionskinder Straßenstände Rio Cauca Hochwasser in Kolumbien
Hochwasser in Kolumbien
Obststand schön bunt am Morgen kleine Dorfdurchfahrt
kleine Dorfdurchfahrt
Lichterfest in Medellin
Lichterfest in Medellin
Fiesta de Luz Fiesta de Luz Fiesta de Luz, die Kinder haben ihren Spaß dabei
Fiesta de Luz, die Kinder haben ihren Spaß dabei
Fiesta de Luz Fiesta de Luz Fiesta de Luz Fiesta de Luz Botero-Figuren Einkaufszentrum Medellin-Stadt Ankunft von Mama und Papa, nach einem Jahr ;-)
Ankunft von Mama und Papa, nach einem Jahr ;-)
mein neuer kleiner Mitfahrengel, DANKE Fynn!
mein neuer kleiner Mitfahrengel, DANKE Fynn!
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