Puerto Lindo – Chilibre - Panama City
Gerade wieder festen Boden unter den Füßen, da heißt es auch schon wieder: rauf auf den Sattel und feste in die Pedale treten. Gute 140 km wollen nach Panama City noch bewältigt werden.
Früh am Morgen radeln wir nach „Portobelo" und dürfen unsere abgestempelten Reisepässe wieder in die Hand nehmen. Monika und Tillmann fahren mit dem Bus in die Hauptstadt, wir dagegen verabschieden uns noch einmal von beiden sowie allen anderen Passagieren der Santana und machen uns auf den Weg nach Chilibre. Die ersten 50 km radeln wir unmittelbar am Meer entlang durch eine wunderschöne, hügelige, grüne Landschaft. Zur Mittagspause erreichen wir die Stichstraße, welche uns nun auf der autobahnartig ausgebauten „Transistmica“ weiter ins Zentrum bringen wird. Die Kreuzung hält eine große Überraschung für uns bereit: es erwartet uns einer der bestsortierten Supermärkte auf unserer bisherigen Reise. Es ist eine wahre Freude zwischen den Regalen hindurch zu schlendern. Bei einer so großen Produktauswahl verfällt man leicht in eine Art Kaufrausch und so ist es nicht verwunderlich, dass wir mit prall gefüllten Packtaschen davonradeln.
Schwül ist es auch hier zu Lande. Bei 37°C kommen wir im Laufe des Nachmittags auch noch in zwei heftige Regengüsse. Glücklicherweise findet sich jedoch eine passende Unterstellmöglichkeit.
Am nächsten Morgen starten wir früh und bemerken erst jetzt so richtig, wie sich die Umgebung im Vergleich zu Südamerika und unserem letzten Land, Kolumbien, verändert hat. Nahezu alles scheint stark amerikanisiert zu sein. Es gibt Blockhaussiedlungen entlang der Straße, große Tankstellen sowie Supermärkte und auch die Fahrzeuge sind nun vermehrt, große, schwere, protzige Pick-ups.
Das Frühstück nehmen wir an einer der Tankstellen ein, halten kurz an den Miraflores-Schleusen des Panamakanals, wollen nur einen Blick auf den Kanal werfen, doch werden unmittelbar davor von der Security abgefangen, die einen Eintrittspreis verlangen. Da wir in den kommenden Tagen gemeinsam mit unseren Eltern noch einmal herkommen werden, sparen wir uns dieses Highlight auf und fahren weiter in Richtung Zentrum.
Geschlagene drei Stunden brauchen wir für die Stadteinfahrt und den Weg zu unserem Hostal, welches recht weit außerhalb des historischen Stadtkerns liegt. Nahezu alle fünf Minuten müssen wir die Einwohner um eine Wegbeschreibung fragen, bis ein Polizist sie uns schlussendlich aufmalt, was aber noch lange nicht bedeutet, dass wir damit auf der sicheren Seite sind. Trotz mehrfachem Verfahren, einmal landen wir sogar versehentlich auf der mautpflichtigen, für Fahrräder verbotenen, Durchfahrtstrecke und müssen tatsächlich ein paar Cents für das Befahren bezahlen, nähern wir uns dem Ziel stetig. Gegen Mittag trudeln wir dann, erschöpft von dem vielen Verkehr, im deutschen Hostal an und stellen die Fahrräder unter.
Für Noah enden hier vier erlebnisreiche Monate und 4456 km Fahrradreise von Lima (Peru) nach Panama City (Panama) durch Peru, Ecuador, Kolumbien und Panama.
In der verbleibenden Woche besichtigen wir den berühmt berüchtigten Panamakanal, eine der wichtigsten, künstlich angelegten, Wasserstraßen der Welt. Auf einer Strecke von 81,6 km wird der Atlantik mit dem Pazifik für die Schifffahrt verbunden.
Der Kanal ist beeindruckend anzusehen und das integrierte Museum veranschaulicht hervorragend den Bau sowie die Technik dieser gigantischen Anlage. Es ist DAS Besucherhighlight von ganz Panama schlechthin und daher verwundert es auch kaum, dass der Menschenabdrang zu keiner Zeit nachlässt. Teilweise ist es schwierig überhaupt einen Blick von der Terrasse auf den Kanal zu bekommen.
Nach über einer Stunde des Wartens dürfen wir dann aber doch noch eine Durchfahrt eines riesigen Autotransporters bestaunen. Beidseitig an den Schleusenanlagen angebrachte Zahnradbahnen gewährleisten eine zügige und sichere Durchfahrt der Schiffe. Gleichzeitig stabilisieren diese Treidelloks die Schiffe auch gegen die Strömungen in der Schleusenkammer beim Wasserein- und auslass.
Nachdem der Autotransporter den Panamakanal passiert hat, machen auch wir uns wieder auf den Heimweg und statten dem historischen Stadtkern von Panama City, Casco Viejo genannt, einen Besuch ab. Die Altstadt dieser Millionenmetropole zählt zum Kulturerbe der UNESCO und auch wenn sich Vieles noch im Prozess der Restauration befindet, kann man schon heute den baldigen Charme dieser kolonialen Architektur erahnen.
Gleich innerhalb der Stadtgrenzen befindet sich der „Parque Natural Metropolitano“. Bei einer Rundwanderung bekommen wir eine facettenreichen Pflanzen- und Baumvielfalt zu sehen und auch ein paar Tiere lassen sich nicht von uns Besuchern verschrecken. Neben Tausenden von Blattschneiderameisen entdecken wir einen schönen, handtellergroßen, hellblauen Schmetterling und dürfen ganz am Ende des Pfades sogar einen im Baum sitzenden Tukan bewundern.
Die vierwöchige Besuchszeit meiner Eltern neigt sich nun dem Ende entgegen. Gemeinsam tausche ich mit Hilfe meines Vaters die defekten Schaltzüge an meinem Fahrrad und bin bald auch schon wieder abfahrbereit.
Ein erlebnisreicher Reisemonat im Beisammensein eines Großteils meiner Familie neigt sich dem Ende entgegen. Meine Eltern haben einen kleinen Einblick in mein Reiseleben bekommen können, sind mit neuen Ländern und Kulturen in unmittelbare Berührung gelangt und werden sicherlich mit vielen neuen Eindrücken nach Deutschland zurückkehren. Uns allen hat es sehr viel bedeutet gemeinsam ein wenig Zeit verbringen zu dürfen. So mussten wir im vergangenen, getrennt voneinander verbrachten Jahr erfahren, dass man sich gegenseitig doch am besten aus der Ferne kennen und schätzen lernt.
Auch die kommenden sechs Wochen werde ich nicht allein verbringen müssen, sondern in Begleitung einer ehemaligen Polizeikollegin, Corinna, unterwegs sein. Am Abend des letzten Reisetages meiner Eltern, hole ich sie mit ihrem Trekkingrad vom internationalen Flughafen ab.
Kaum ist sie eingetroffen, die neusten Neuigkeiten sind ausgetauscht, da sitzen wir auch schon beide über den Karten von Mittelamerika zusammen und planen die kommende Strecke. Schnell ihr Fahrrad ausgepackt, basteln wir aus dem verbleibenden Kartonmaterial eine geeignete Transportkiste für Noahs Fahrrad und nehmen Abschied von meinen Eltern und meinem kleinen Bruder Noah. Die Ankunft von Corinna tröstet mich ein wenig über die Abreise meiner Familienmitglieder hinweg, die ganz urplötzlich unmittelbar bevor steht. Eine feste Umarmung und ein paar Küsse später sind sie dann auch schon weg, in Richtung Flughafen und weiter nach Deutschland.
Auf Corinna und mich dagegen wartet: Mittelamerika!