Frontera Corozal – Ricardo Flores Magon – Palenque – Cascadas de Misol-Ha – Cascadas de Agua Azul – Ocosingo – Santo Tomás Oxchuc – San Cristóbal de las Casas
An meinem ersten Tag in Mexiko treffe ich auf zahlreiche Militärkontrollen. Meistens werde ich freundlich durch gewinkt, doch plötzlich befiehlt man mir zu halten. Beide Hände umfassen verkrampft den Lenker, quietschend lege ich eine Vollbremsung ein und komme direkt vor den Füßen der vier Beamten in Militärkleidung zum Stehen. Während sich der Chef der Truppe mit mir befasst und mich über meine Reise ausfragt, läuft sein Kollege mit einem seltsamen, antennenförmigen Gerät in der Hand um mich und mein Fahrrad herum. Da man mir das Vorgehen offenbar nicht von selber erklären will, sondern viel mehr an meinen Reisedetails interessiert ist, frage ich konkret nach, was es mit diesem Gerät auf sich hat. Es ist ein Drogen-Detektor. Mit dem Ergebnis scheinbar zufrieden, versucht man mir nun durch zahlreiche Warnungen Angst zu machen. „Man würde mich ausrauben und mir meine blauen Augen stehlen. Normalerweise würden doch immer nur Pärchen unterwegs sein, wieso ich denn ganz alleine durch Mexiko fahren wolle…". So langsam bekomme ich tatsächlich ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Dabei bin ich mir unsicher, ob die Beamten mich mit ihrem eindringlichem Gerede und dem schelmischem Grinsen im Gesicht nur auf den Arm nehmen wollen oder die Situation tatsächlich gefährlich ist. Auf meine Nachfrage, ob ich mir ernsthafte Gedanken um meine Weiterreise durch Mexiko machen sollte, wird mir nur geantwortet: „Nicht nachts fahren". Da ich das sowieso nicht vorhabe, trete ich schnell wieder in meine Pedale und fahre in die dschungelartige Umgebung hinein.
Am Abend liege ich unruhig in meinem Hotelbett. Das Zelt werde ich vorerst einmal in meinem Rucksack lassen. Ich will zunächst ein Gefühl für das neue Land und ihre Bewohner bekommen. Zudem gibt es ein Gewitter, das über zwei Stunden andauert. Der Strom fällt aus, die grellen Lichtblitze am Himmel erleuchten mein Zimmer wie am hellen Tag und der Donner ist so laut, dass man sich bald die Ohren zu halten muss.
Die Fahrt durch den Dschungel geht am nächsten Morgen weiter. Ich nähere mich den berühmten Palenque-Ruinen. Kurz vor ihrem Eingangstor überholt mich ein prall gefüllter Reisebus, der die letzten Tagestickets aufkauft und ich darf somit kostenfrei das Gelände betreten. Ein absoluter Glücksfall.
Auf der modernen Campingplatzanlage treffe ich auf ein deutsches Ehepaar aus Köln. Die Beiden lieben Mexiko über alles, haben schon etliche Male dieses Land besucht und es immer wieder erneut in ihr Herz geschlossen. Auf einem Blatt Papier notiere ich mir ihre Tipps bezüglich Sehenswürdigkeiten, Naturschauspielen, Städten und Wissenswertem. Die Liste wird schnell länger und länger, der Abend verfliegt wie im Nu und mit einem völlig neuen Gefühl lege ich mich zufrieden in meinen Schlafsack. Da ist sie wieder, die Reisefreude, das ungeduldige Kribbeln im ganzen Körper in Erwartung auf ein neues Land und neue Erfahrungen.
Tief im Urwald von Chiapas, Mexikos südöstlichstem Bundesstaat, liegt sie: die phänomenale Mayastadt Palenque, die zum Weltkulturerbe gehört.
Erst 15 Prozent des Gebietes sind erforscht und freigelegt worden. Dem Besucher zeigt sich eine majestätische und gepflegte Anlage mit einem hervorragenden Museum. Die Wanderwege sind im Einklang mit der Natur angelegt worden und so verbringe ich einen wunderschönen Tag inmitten alter Geschichte, klettere auf die einzelnen Ruinen hinauf, schaue durch alle Fenster und Türen, die ich erblicken kann und bin am Nachmittag von der schwülen Hitze völlig durchgeschwitzt.
Bei den anderen Touristen handelt es sich vielfach um einheimische Besucher. Sie kommen aus der nahen Umgebung oder Mexico City, der Hauptstadt des Landes. In keinem anderen Land konnte ich eine derart hohe Besucherzahl an Einheimischen feststellen.
Am nächsten Morgen will ich schon wieder weiter. Mexiko ist mit knapp 2 Mio. km² Landesfläche unwahrscheinlich groß, um es mit dem Fahrrad durchqueren zu wollen. Mehrere Monate habe ich dafür eingeplant.
Der folgende Streckenabschnitt von Palenque nach San Cristóbal de las Casas, der Touristenhochburg in Chiapas, gilt als sehr gefährlich. Mehrfach wurden Radreisende in der Vergangenheit von Banditen ausgeraubt und auch die Straßenführung an sich ist mit ihren steilen, engen Kurven ohne Seitenstreifen für jeden Radfahrer ein Ärgernis. Gerade letzterer Aspekt sollte mir schon auf dem ersten Abschnitt Probleme bereiten. Ein großer Reisebus schneidet mich dermaßen, dass nur noch 10 cm Platz zwischen seiner Karosserie und mir bleiben. Für eine Sekunde bleibt mir das Herz stehen, ich sehe mich schon mitsamt meinem Gefährt im Graben liegen und kann dem Fahrer nur noch die Hölle hinterher wünschen.
Schon nach 25 km sehe ich ein Schild mit dem Hinweis auf einen Wasserfall sowie einen Campingplatz. Nach den vorherigen Ereignissen habe ich die Nase erst einmal gestrichen voll vom mexikanischen Straßenverkehr und sehne mich zugleich nach einer erfrischenden Abkühlung. Die Zufahrtstraße ist durch ein kleines Holzhäuschen und einen Strick, der über die gesamte Fahrbahnbreite reicht abgesperrt. Nur gegen Bezahlung kommt man hier weiter. Dass Mexiko touristisch weit mehr erschlossen ist, als seine südlich gelegenen Nachbarn und man dies auch als Einnahmequelle erkannt hat, bekomme ich schon in den ersten Tagen zu spüren.
Den angezeichneten Campingplatz gibt es nicht mehr. Dagegen will man mir ein teures Zimmer in benachbarter Hotelanlage verkaufen. Mürrisch setze ich mich zunächst mit einem kalten Getränk auf die Stufen des Restaurants. So recht will mir das alles nicht gefallen. Ich hatte an einen idyllischen Campingspot am Wasserfall gedacht und bin nun in eine wirtschaftlich erschlossene Touristenattraktion geraten.
Der „Misol-Ha“-Wasserfall dagegen ist wahrhaftig einen Anblick wert. Auch wenn das brackige Wasser im See mich nicht zum Schwimmen einlädt, sind die gut 30 Meter frei fallenden tosenden Wassermassen atemberaubend. Geschwind klettere ich hinter dem Wasserfall entlang und durch den angrenzenden Wald zur Quelle hinauf. Hier kann ich ganz alleine entspannen und vergesse schnell den Ärger meiner Ankunft wenig zuvor.
Nach gutem Zureden darf ich mein Zelt schließlich doch noch in einem angrenzenden, offenen Gebäude aufstellen; wenn auch nicht ganz kostenfrei.
Am Morgen breche ich früh auf, um die Mittagshitze und den sonntäglichen Touristenstrom zu vermeiden. Es geht weiter bergauf, doch im Gegensatz zu Guatemala erscheinen mir die Steigungen gut machbar. Ich kann sogar im Sattel sitzen bleiben. In einem kleinen Dorf wird Fußball gespielt und da mich dieser Sport schon immer fasziniert hat, halte ich an, um das Spiel ein wenig anzuschauen. Spannender Weise endet es unentschieden und es kommt zum Elfmeterschießen. Alle Zuschauer rennen wie verrückt auf das Spielfeld, bilden einen Kreis um das Tor, den Schützen sowie den Schiedsrichter und schon kann es losgehen. Die Anspannung beider Teams ist förmlich in der Luft zu spüren, jeder Treffer oder Fehlversuch wird lautstark kommentiert. Ich dagegen fiebere eher mit dem Schiedsrichter mit, der sich in diesem großen Durcheinander zu Recht finden und die richtigen Entscheidungen treffen muss. Keine einfache Aufgabe!
Auf meinem weiteren Weg werde ich durch mehrere provisorische Straßensperren gestoppt. Ganze Familien stehen dort am Straßenrand. Ein dünnes Seil mit bunten Plastiktüten dient dem Absperren der Straße und erinnert mich an den zu Karneval üblichen Narrenzoll in Deutschland. Auch beim Näherkommen lassen sie das Hindernis nicht fallen und ich werde zum Anhalten gezwungen. Die Autos hingegen preschen zumeist einfach mit hoher Geschwindigkeit vorüber. Entweder schafft es derjenige, der das Seil gerade hält noch rechtzeitig es loszulassen und es somit vor dem Reißen zu bewahren oder es wird von dem Fahrzeug erfasst, einige Meter mitgeschleift und schnell von den Kindern wieder zusammengeflickt. Die Familien verkaufen frittierte und naturbelassene Bananen und da ich einen kleinen Energieschub gebrauchen kann, nehme ich ihnen gerne welche ab. Die Kinder rufen mit „moneda“ nach Kleingeld und als ich stattdessen eine Packung Kekse zum Vorschein hole, machen sie auf mich einen eher enttäuschten Eindruck.
Während ich mir den Weg durch Mexikos Straßen bahne, bemerke ich einen weiteren landestypischen Aspekt: mexikanischer Machismus. In Reiseführern konnte ich immer wieder von diesem Phänomen lesen und die zahlreichen Pfiffe, spitzmündigen Kommentare und fortwährenden „Gringo“-Rufe, die mir entgegen geschleudert werden, bestätigen den Wahrheitsgehalt daran. Ich scheine in den Augen vieler Männer eine einfache Beute zu sein. Mit meiner bereits stark sonnengebräunten Haut kann ich noch lange nicht mit der dunkleren Hautfarbe der Einheimischen mithalten. Auch mein langer, blonder, zum Pferdeschwanz gepflochtener Zopf und meine blauen Augen verraten mich als Europäerin. Obwohl die meisten eher von einem amerikanischen Hintergrund ausgehen, welches zu erneuten Schwierigkeiten führt. Amerikanern gegenüber scheint man skeptisch zu sein. Zu viele Mexikaner arbeiten unter harten Bedingungen für geringe Löhne in den angrenzenden USA. Dieses ungerechte Verhältnis schürt bei den Mexikanern Hass, den ich als Radler sofort zu spüren bekomme.
Ich kann dem Ganzen nur durch übertrieben freundliches Zuwinken und lautes Zurückgrüßen entgegen treten. Meist mache ich mich dann mit einigen schnellen Pedalzügen davon, um nicht zum Anhalten gezwungen zu werden.
Die „Cataratas de Agua Azul“ (Wasserfälle des blauen Wassers) sind nun nicht mehr weit. Erneut begebe ich mich auf touristischen Boden und das zudem an einem Sonntag. Vor einigen Jahren gab es hier enorme Probleme mit stehlenden Jugendbanden, sodass dieses Naturereignis kaum mehr von organisierten Gruppen angefahren wurde. Dass dies jedoch der Vergangenheit angehört, zeigen die zahlreichen Reisebusse auf dem Parkplatz des Geländes. Ich mache mich auf die Suche nach einer Unterkunft, bevor es zu den Wasserfällen geht. Über eine Strecke von 7 Kilometern erstrecken sich Kaskaden, die über mehrere Stufen fallen und anschließend in kleine Seen übergehen, in denen man sogar baden kann. Wegen ihres Kalksteinbettes strahlen sie in den verschiedensten Blautönen. Schon beim ersten Anblick ist mir klar, warum dieses Naturereignis zu den schönsten im ganzen Lande zählt.
Über die kleinen Ortschaften „Ocosingo“ und „Santo Tomás Oxchuc“ bahne ich mir meinen Weg nach „San Cristóbal de las Casas“. Die Dörfer sind sehr ursprünglich, der Gegensatz zu den Touristenattraktionen der Tage zuvor könnte kaum größer sein. Taco-Stände prägen das typisch mexikanische Stadtbild. In den Seitenstraßen finde ich einen bunten Markt mit Obst und Gemüse, das zu kleinen Pyramiden aufgeschichtet ist und eimerweise verkauft wird. Die Fleischerei ist ebenfalls draußen zu finden. Ganze Kuhköpfe hängen dem Käufer von Metallstangen entgegen und bieten einen ungewohnten Anblick. Vom ausströmenden Geruch des ungekühlt lagernden Fleisches ganz zu schweigen.
Gegen Mittag fahre ich in die älteste spanische Siedlung Mexikos ein: „San Cristóbal de las Casas“. Auf 2100m Höhe gelegen, fegt ein angenehm frischer Wind durch die Kopfsteinpflastergassen. Auf der zentralen „Plaza“ sitzt man gemütlich schwatzend beisammen. Der erste Eindruck auf mich ist sehr positiv und ich freue mich auf eine mehrtägige Osterpause. Ich befinde mich in der „Indio-Hauptstadt Mexikos“. Da „San Cristóbal de las Casas“ das Handelszentrum der umliegenden indigenen Bevölkerungsgruppen ist, hat man ihr diesen Namen gegeben. Oft wird sie als eine der schönsten Kolonialstädte Mexikos bezeichnet.
Im „El Hostalito“, der Radfahrer-Unterkunft schlechthin, treffe ich sogleich auch auf andere Tourenradler. Martin kommt aus Berlin, ist ehemaliger BMX-Profi und vor einiger Zeit in New York gestartet. Die Staaten hat er nach Westen durchquert und ist nun in Richtung Süden unterwegs. Lee stammt aus Denver, USA und hat sich zur Zeit mit den beiden Engländern Sarah und James zusammen geschlossen. Allesamt streben sie meinem Ausgangspunkt „Ushuaia“ in Argentinien entgegen. Da Sarah und James ein wenig mit ihrer Gesundheit zu kämpfen haben, werden auch sie über Ostern in der Stadt bleiben.
Es tut gut in Begleitung zu sein. Endlos können wir gemeinsam zusammen sitzen und uns über Reisen austauschen. Dabei hilft es auch fachkundige Gesellschaft zu haben. Martin reinigt mit mir das Tretkurbellager, welches schon seit einiger Zeit, seltsame Geräusche von sich gibt.
Zu viert schwingen wir uns auch auf unsere Fahrräder, um ins benachbarte Dorf „San Juan Chamula“ zu fahren. Es gilt als politisches und religiöses Zentrum der Tzotzil-Indigenas. Alte Maya-Traditionen und christlicher Brauchtum verschmelzen aufs Innigste miteinander.
Zentrale Anlaufstelle ist die Kirche „San Juan Bautista“. In Weiß getüncht mit einem farbenfrohen Portal bietet sich dem Besucher schon von Außen ein markantes Gebäude dar.
Das Betreten hingegen ist ein völlig neues Erlebnis und mit keiner jemals von mir besuchten Kirche zu vergleichen. Man fühlt sich nahezu in eine mystische Welt versetzt. Tausende bleistiftdünne, weiße Kerzen zieren den Boden des Gotteshauses, sodass man seine Schritte mit äußerster Bedachtsamkeit setzen muss. Haben sich die Augen erst einmal an die düstere Finsternis und das Flackern der Kerzen gewöhnt, fallen einem sofort die zumeist knienden und in einheimischer Sprache murmelnden Besucher ins Auge. Sprachlos versuchen wir uns so lautlos wie nur eben möglich einen Weg durch das Kircheninnere zu bahnen und bleiben mit unseren Blicken verwundert über einem Korb mit einem toten Huhn hängen.
Später lese ich, dass ein Huhn der Opferung dient. Die übernatürlichen Kräfte der bösen Geister, die für ein spezifisches Missgeschick verantwortlich sind sollen dabei in das Tier übergehen, bevor es anschließend in eine Tüte gewickelt und beerdigt wird.
Des Weiteren lerne ich, dass Coca-Cola und „posh“, ein lokaler Zuckerrohrschnaps, notwendige Bestandteile sind, um mit den Göttern in Kontakt treten zu können. Zunächst wird von den Einheimischen etwas „posh“ getrunken, um in eine Art Trancezustand zu verfallen. Anschließend wird mit Cola nachgespült. Beide Flüssigkeiten reizen den Magen und es entsteht ein Rülpsen. Dieses Rülpsen wird als die nötige Reinigung und Austreibung der Geister aus dem Körper verstanden.
Schon bevor wir die Kirche betraten sind uns einige betrunkene Menschen aufgefallen. Das Trinken dient, in den Augen der Tzotzil-Indigenas, einem höheren Zweck und wird positiv bewertet.
Mit einem völlig anderen Bild einer religiösen Stätte verlassen wir schweigend das Gotteshaus, welches hier eher den Anschein eines übergroßen Schreins hat. Mit einer christlichen Kirche im europäischen Sinne hat es dagegen wenig gemein.
Bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen, wollen auch wir von dem berühmten „posh“ kosten. Ich persönlich kann diesem starken alkoholischen Getränk jedoch überhaupt nichts abgewinnen.
Da es nun stark auf das Osterfest zugeht, beginnen die Feierlichkeiten in „San Cristóbal de las Casas“. Die Menschen aus den umliegenden, kulturell unterschiedlichen Gemeinden stellen sich in kleinen Bühnenprogrammen den teilweise von weit angereisten Touristen vor. Eine Marimba-Band sorgt für die musikalische Untermalung und an den zahlreichen Verkaufsständen werden Textilien sowie allerlei typische Gerichte angeboten. Dazwischen huschen die Schuhputzer, Straßenmusikanten und Bettler hin und her. Jede Altersstufe scheint vertreten zu sein und alle wollen von dem großen Ostergeschäft etwas abbekommen.
Um dem ganzen Trubel ein wenig zu entkommen, spiele ich mit den anderen Radfahrern „Bike-Polo“. Während man in die Pedale tritt, um das Fahrrad vorwärts zu bewegen, hält man in der einen Hand eine Art Hockeyschläger und versucht mit der anderen Hand zu lenken. Dazu gilt es seine Teamkollegen zu finden und im richtigen Moment den kleinen Ball mit der Schlagseite des Schlägers zu treffen und ihn ins gegnerische Tor zu schlagen. Koordination, Gleichgewicht und Geschicklichkeit sind gefragt! Eine Sportart, die sehr viel Praxis erfordert.
Anderntags schaue ich mir den traditionellen Stierkampf an. Von der Brutalität der Toreros erschrocken, verlasse ich die Arena jedoch vorzeitig und kann diesem Brauch rein gar nichts abgewinnen. Für mich steht fest: einmal und nie wieder! Über den Besucheransturm, der teilweise ganze Familien mit Kleinkindern und Babys in die Arena geführt hat, kann ich nur den Kopf schütteln.
Karfreitag findet eine mehrstündige Prozession durch die Straßen statt, die ich mir zum Teil ansehe und wenig später geht es auf die „Feria de la primavera de la paz“, die sich als große Kirmes entpuppt und meine Erwartungen zutiefst enttäuscht.
Insgesamt bekomme ich den Eindruck, dass die Einheimischen „modern“ sein und mit dem globalen Fortschritt mithalten wollen. Die aus dem Ausland angereisten Touristen dagegen möchten die „originalen“ Traditionen der indigenen Bevölkerung kennen lernen und erleben. Beides lässt sich jedoch nur schwer in Einklang bringen und so werden die Osterfeierlichkeiten in einem undurchschaubaren Trubel von Neu und Alt begangen.
Um zahlreiche Eindrücke reicher und mit frischen Energiereserven nehme ich nach 10 Tagen Abschied von neu gewonnenen Radler-Freunden und einer pulsierenden Stadt in mitten von Chiapas Bergen.